Dass Menschen aus dem Ausland kommen, um in Deutschland zu bleiben und zu arbeiten, das ist gang und gäbe. Besonders wird es, wenn Menschen hierher kommen, um von Fachkräften zu lernen, um dann das Wissen mit in ihre Heimat zu nehmen. Ein Beispiel.
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Manche Menschen kommen hierher, um von Fachkräften zu lernen, und um dann das Wissen mit in ihre Heimat zu nehmen. Ein Beispiel.

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Schreinerin aus Ruanda: Zur Hospitanz in Niederbayern

Reine Imanishimwe ist selbstständige Schreinerin in Ruanda. Weil sie aber noch mehr lernen will, hat sie sich um eine Hospitanz im niederbayerischen Schöllnach beworben. Etwa drei Monate war sie da und hat viel von der hiesigen Arbeitsweise gelernt.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Für drei Monate war Reine Imanishimwe als Hospitantin bei der Schreinerei Hierbeck im niederbayerischen Schöllnach im Landkreis Deggendorf. Eigentlich arbeitet die 28-Jährige als Schreinerin in Ruanda, wo sie auch herkommt. Doch in Niederbayern wollte sie ihre Arbeit verbessern, sie wollte dazulernen. Mit besseren Maschinen und anderen Arbeitsweisen.

Gewöhnung an niederbayerische Arbeitsweise

Erst einmal angekommen hat sich Reine schnell an die Regeln und den Ton vor Ort angepasst. Zum Beispiel heißt es um Punkt neun Uhr für jeden: Brotzeit. Etwas, an das sich Reine erst gewöhnen musste: "Das Brot hier schmeckt wirklich sehr gut, aber wenn ich zu viel davon esse, ist das für mich ganz ungewohnt. Ich mag es eher, selbst und frisch zu kochen und bei den kurzen Pausen ist das eine große Herausforderung."

"Ich fühle mich gut in der Werkstatt"

Reine hat in der Schreinerei Hierbeck ihre eigenen Projekte für die Kunden der Firma durchführen können. Ihre Aufgaben sind dabei ganz unterschiedlich: zum Beispiel Holz zuschneiden, schleifen, leimen. Am Anfang wurde getestet, auf welchem Level sie ist, doch schnell wurde klar: Reine ist Profi. "Ich mag es von der einen zur anderen Maschine zu wechseln, es wird nie langweilig. Auch am Wochenende komme ich gerne her und arbeite weiter. Ich fühle mich einfach gut in der Werkstatt", so die 28-Jährige.

Thomas Hierbeck, der Chef der Schreinerei, erzählt von Reines Fortschritt der letzten drei Monate: "Sie ist nicht zum Spaß hier, sie will was lernen und das ist die halbe Miete." Jede Maschine, die sie erklärt bekommt, könne sie allein bedienen, und das sei laut Hierbeck das A und O im Handwerk: "Wenn jemand will."

Teil der Dorfgemeinschaft

Während Reines Hospitanz in Schöllnach ist sie nicht nur in der Schreinerei gut angekommen, auch in der Schöllnacher Dorfgemeinschaft. Ob beim Feuerwehrfest, in der Kirche, beim Wandern oder einem Besuch auf der Passauer Dult – Reine war bei allem mit dabei.

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Für drei Monate war Reine als Hospitantin bei der Schreinerei Hierbeck im niederbayerischen Schöllnach.

Positives Fazit des Projekts

Zu seiner Hospitantin ist Thomas Hierbeck über den SES Senior Experten Serivce gekommen. Gemeinsam mit dem Deutsch-Afrikanischen-Jugendwerk bieten sie die Hospitanzen an. Das Projekt läuft unter dem Namen "Team works!" und richtet sich an junge Fachkräfte aus Deutschland und auch an junge Fachkräfte aus Afrika, die hier in Deutschland eine Hospitation machen möchten. Um die komplette Vorbereitung und Organisation kümmert sich SES.

Nach drei Monaten zieht Thomas Hierbeck ein positives Fazit des Projekts: "Es ist ein Modell, an das wir uns herantasten müssen, weil wir für fehlende Fachkräfte in Deutschland Alternativen finden müssen. Es gibt so viele Stellen, Gelder und Möglichkeiten, engagierte Leute zu beschäftigen, die eine Aufgabe haben wollen. Aber man muss es nutzen."

Großes Ziel: Meisterschule für Schreiner ab 2025

Die Hospitanz soll Reine auf ihr großes Ziel vorbereiten: Die Meisterschule für Schreiner in Garmisch-Partenkirchen. Die Zusage für einen Platz 2025 hat sie schon. Bis dahin möchte Reine ihr Deutsch verbessern und auch im Schreinerhandwerk noch mehr dazulernen.

Die 28-Jährige wird aber nicht dauerhaft in Deutschland bleiben. Ihr Herz schlägt für das etwa elf Flugstunden entfernte Ruanda. Dort hat sie ihren eigenen Kundenstamm, ihr eigenes Business. Bereits seit sieben Jahren ist sie dort als selbstständige Schreinerin tätig. Mit den neu gewonnenen Fähigkeiten aus Niederbayern will sie in Ruanda in ihrem Handwerk so weit kommen, wie es geht.

Drei Frauen auf einem Berg.
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Während Reines Hospitanz in Schöllnach ist sie nicht nur in der Schreinerei gut angekommen, sondern auch in der Schöllnacher Dorfgemeinschaft.

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