Salat mit Nesselblättern und Löwenzahn: Biohacker achten sehr auf ihre Ernährung
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Wie Biohacker ihren Körper verjüngen wollen

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Wie Biohacker ihren Körper verjüngen wollen

Viele Biohacker wollen ihren Alterungsprozess verlangsamen. Sie führen ein gesundes Leben, achten genau auf Ernährung, Sport und Schlaf und messen dabei ihre Körperfunktionen. Aber kann man dadurch wirklich sein Leben verlängern?

Über dieses Thema berichtet: STATIONEN am .

Mehrmals wöchentlich macht Claudia Daimer einen sogenannten "Breathwalk", einen Spaziergang mit Atem- und Meditationsübungen. Immer mit dabei: ihr Handy. "Ich mache beim Spaziergang Atemübungen und Bewegungen zum Brustkorböffnen und Mobilisieren. Durch diesen Breathwalk schaffe ich es, mein Lungenvolumen wieder zu erhöhen, das sich über die Jahre reduziert, ebenso wie meine Mobilität zu erhalten. Dadurch wird mein Wohlbefinden gesteigert, Stress reduziert und ich schlafe besser", erklärt die 51-Jährige.

Mit ihrem Smartphone überwacht sie ihren Körper. Denn Claudia Daimer betreibt Biohacking. Angefangen hat sie damit nach einer Schilddrüsenerkrankung vor zehn Jahren. Dabei geblieben ist sie, weil sie gemerkt hat, dass es ihr guttut. Mit den Jahren sind immer mehr Methoden dazugekommen.

Biohacking: Das Optimum aus Körper und Geist herausholen

Biohacking ist eine Art Selbstoptimierung durch wissenschaftliche und technologische Ansätze. Durch Ernährung, Bewegung und den mentalen Zustand soll die Lebensqualität gesteigert und das Leben verlängert werden. Für Claudia Daimer ist Biohacking ein Begriff, den jeder für sich definieren kann. "Für mich ist es einfach, einen gesunden Lifestyle zu haben und darüber hinaus das Ganze zu messen, zu verstehen und zu optimieren."

Puls, Energielevel, Stress und Entspannung. All diese Werte behält sie mit ihrem Handy im Blick. Am Morgen nach dem Aufstehen liegt ihr Stresslevel bei etwa 33 Prozent, ein normaler Wert. Die Werte ändern sich über den Tag, je nach Aktivität. Ein Ziel ist es, abends möglichst entspannt zu sein, um gut zu schlafen.

Claudia Daimer will durch Biohacking so gesund und fit wie möglich bleiben und dadurch das Altern aufhalten. "Mein großes privates Lebensziel ist, dass ich 120 Jahre werde", erklärt sie. "Aber nicht nur alt werde, sondern auch gesund bleibe. Also sprich, dass ich auch mit 120 noch aktiv sein kann."

Kann man durch Biohacking wirklich das Altern aufhalten?

Aber ist das realistisch? Markus Gosch leitet die Geriatrie am Klinikum Nürnberg und ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie - also ein Experte fürs Altern. Viele Methoden zu kombinieren, um sich fit und gesund zu halten, hält er für sinnvoll: etwa genug Bewegung, eine gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf. Dadurch könne man viele Lebensjahre gewinnen. Wer früh genug beginne, könne sein Leben rein statistisch allein durch eine gesunde Ernährung um zehn Jahre verlängern.

Aber: "Uns muss immer klar sein: Wir müssen viele Maßnahmen setzen und hoffen, dass sie wirken, wir haben letztendlich aber keine Garantie", so der Chefarzt. Lediglich die Wahrscheinlichkeit für ein gesundes Altern steige durch diese Maßnahmen. Im Einzelfall könne es auch immer anders kommen. Rund 25 Prozent des menschlichen Alterungsprozesses seien genetisch bedingt, hinzu kämen Faktoren wie Umweltbelastung, Lärm und natürlich Schicksalsschläge. All dies seien aber keine Gründe, sich nicht rechtzeitig um seine Gesundheitsvorsorge zu kümmern, so der Mediziner. Wichtig sei, die verschiedenen Bausteine so in den eigenen Alltag zu integrieren, dass sie einem Freude machen, um sie so über Jahre durchzuhalten.

Gesundbleiben durch die Vermessung des Körpers

Nach ihrem Breathwalk misst Claudia Daimer wieder Puls und Stress. Ein Stresswert von 25 Prozent. Das ist deutlich weniger als am Morgen, der Breathwalk halt also Wirkung gezeigt. Auch am Abend achtet sie auf vieles. Sie isst früh, damit ihr Schlaf später nicht unter der Verdauung leidet. Die Auswahl der Lebensmittel ist wichtig – viel Gemüse, wenig Kohlenhydrate.

Zentral ist für sie die Versorgung mit allen Nährstoffen, auch durch Nahrungsergänzungsmittel. "Mein Kühlschrank schaut eher aus wie ein Apothekerschrank. Da sind flüssige Sachen drin, wie Vitamin D, Jod und Vitamin A. Aber auch Sauerkraut, Kefir und viel Gemüse." Hinzu kommen mehrere Kisten mit verschiedenen Pillen und Tabletten. Um die 30 Mittel nimmt sie über den Tag verteilt ein – wenn auch nicht immer die gleichen. "Momentan habe ich gerade ein bisschen weniger. Aber es können auch mal 40 verschiedene Mittel sein."

Als anstrengend empfindet sie das Biohacking nicht. "Das hat sich Stück für Stück entwickelt", erzählt sie. "Es waren immer kleine Schritte. Und das ist das, was ich auch jedem empfehlen würde, immer kleine Schritte zu machen und erstmal das zu machen, was den größten Hebel für einen hat."

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Claudia Daimer hat mehr als 30 Nahrungsergänzungsmittel in ihren Schränken und im Kühlschrank.

Yogaübungen, Rotlichtlampe und Fakirmatte

Claudia Daimer ist überzeugt von Biohacking und ihrem gesunden Lebensstil. Zu dem auch mal ein Glas Wein am Wochenende mit Freunden gehört, denn auch ein gutes soziales Umfeld ist für sie Teil eines gesunden Lebens. Es geht also nicht um absoluten Perfektionismus.

Aber auch abends gehören für sie feste Rituale dazu: Nach ein paar kurzen Yogaübungen geht es für sie vor dem Schlafen noch mit einer Rotlichtlampe auf ihre Fakirmatte - zur Entspannung, damit der Körper sich später optimal erholen kann. Denn auch guter Schlaf ist wichtig für die Gesundheit. Der entscheidende Moment am Abend: Wie ist ihr Stresslevel? Heute sieht es nicht so gut aus: "Jetzt ist rausgekommen, dass mein Stresspegel immer noch sehr hoch ist, was daran liegt, dass ich heute relativ viel Stress gehabt habe. Schlaf ist nicht verhandelbar und besser als jede Medizin."

Rund 87 Prozent Stress am Abend - das sollte nicht dauerhaft so sein, kann im Einzelfall aber vorkommen. Vor dem Schlafen trägt Claudia Daimer eine Brille, die blaues Licht herausfiltert und klebt ihren Mund zu – beides soll die Schlafqualität steigern. Temperatur und Luftqualität im Schlafzimmer behält sie ebenfalls genau im Auge. Wenn es nach Claudia Daimer geht, noch für die nächsten 70 Jahre.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

Mehr zum Thema "Alt werden und jung bleiben" in der Sendung STATIONEN in der ARD Mediathek.